Ich melde mich schnell nach einem anstrengenden Tag in der Weihnachtsbäckerei.
Wir haben heute ein wenig schwäbisches Kulturgut verbreitet und mit ca. 40 internationalen und vietnamesischen Mitbäckern "Ausstecherle" gebacken. Die Plätzchen/Guatsle/Breedle sind super gut angekommen und werden nun verkauft um Kindern in einem Dorf in den Bergen zu helfen. Wir hatten sehr viel Spaß zusammen und sind danach noch Joghurt, Sữa chua essen gegangen.
Im Vorhinein war ich schon recht verzweifelt, weil es unmöglich schien eine geeignete Bäckerei zu finden. Als ich kurz davor war die Veranstaltung abzublasen, habe ich jedoch diesen netten Bäcker gefunden, der kurzerhand entschlossen hat nicht nur seine Küche zur Verfügung zu stellen, sondern auch alle Zutaten zu spenden. Ein toller Mensch!
Insgesamt sind die Vietnamesen schon recht weihnachtsverrückt. Im Supermarkt rennen alle Angestellten mit Nikolausmützen zur Crazy-Frog-Version von "Jingle Bells" herum und riesige Plastikbäume, geschückt mit massenhaft Lametta und Blinklichtern werden aufgestellt. Wenn man dann jedoch fragt, weiß niemand genau warum wir eigentlich Weihnachten feiern.
Das ist verständlich, da sich hier insgesamt schon wenig mit Religion beschäftigt wird, mit christlicher noch viel weniger. Das heißt aber nicht, dass hier niemand spirituell ist, diese Spiritualität fußt nur auf ganz viele verschiedene Glaubensrichtungen und ist auch etwas sehr persönliches.
In meiner Empfindung setzt sie sich oft aus Buddhismus, Ahnenverehrung (in jedem Haus steht ein Altar), der Verehrung von Personen (insbesondere Ho Chi Minh) aber auch einem starken Aberglaube zusammen. So wurde Moritz und mir zum Beispiel nach einer ausgeprägten Trommelsession am Mittagstisch gesagt, dass uns jetzt Geister folgen, da wir mit den Essstäbchen auf unser Schälchen geschlagen haben.
Ich finde grundsätzlich gut, dass das jedem ziemlich selbst überlassen wird, allerdings auch sehr schade, dass Religion gar kein Gegenstand von Diskussion zu sein scheint und auch nicht in der Schule unterrichtet wird. Immerhin bestimmt sie, wenn auch nicht immer im positiven, doch einen großen Teil unserer globalen Gesellschaft und ist wichtig um globale Zusammenhänge zu verstehen. Diese Ausblendung ist wohl noch ein Überbleibsel aus dem real nicht mehr wirklich existierenden Sozialismus. Ich habe jedoch auch das Gefühl, dass sich in der neuen Generation gerade in Richtung freier Meinungsäußerung ganz schön viel tut. (Immerhin kann ich das hier auch so schreiben ohne Angst vor jeglichen Konsequenzen haben zu müssen.)
Um zurück zum Thema zu kommen: Ich als Christ finde es natürlich auch schade, dass niemand die zweitwichtigste Geschichte unserer Religion kennt. Deshalb habe ich beschlossen, für eine Weihnachtsfeier am Tag vor dem heiligen Abend ein kleines Krippenspiel zu organisieren. :)
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